100 Jahre PGW – Fotoausstellung im Gewerbemuseum Winterthur
Eine Erinnerung
Die Vorbereitungen
Am 13. Januar 1993 feierten wir einhundert Jahre Photographische Gesellschaft Winterthur mit einer grossen Fotoausstellung. Wir versuchten, wiederum Gastrecht im Gewerbemuseum Winterthur zu erhalten, was wegen dem guten Kontakt zum Ausstellungsleiter Fritz Hobi auch gelang. Die Stadt Winterthur stellte uns die Räumlichkeiten grosszügigerweise für einen ganzen Monat zur Verfügung. Die Vernissage wurde auf den 13. Januar 1993 um 20.00 Uhr festgesetzt, genau einhundert Jahre nach der Gründungsversammlung im Restaurant Schlangenmühle in Winterthur.
Bilderausstellung und Tonbildschau
Von den 27 Mitgliedern, die damals aktiv waren, stellten 17 Fotografen ihre Bilder aus. Jede Ausstellerin und jeder Aussteller hatte eine zugewiesene Wandfläche, um bis zu 14 Bilder zu präsentieren. Die Themenwahl war jedem Fotografen freigestellt. Für jedes ausgestellte Bild zahlte die Stadt einen Unkostenanteil. Selbst im Treppenhaus und an den Wänden, welche die Besuchenden zur Ausstellung führten, waren Bilder angebracht.
Um eine möglichst professionelle Ausstellung zu präsentieren, hatten wir uns auf eine einheitliche Ausführung der Aufnahmen festgelegt. Rahmengrösse 60x48cm mit entsprechendem Passepartout und das Bild auf Cibachrome Papier. Wir bestellten alle Bilder vom gleichen Anbieter und auch die Rahmen wurden als Grossauftrag bei einem Produzenten bestellt. Die Passepartouts hingegen wurden selbst zugeschnitten.
Um das Publikum für die Ausstellung zu begeistern, auch über die Stadtgrenze hinaus, wurden Plakate hergestellt. Als Motiv wählten wir einen alten Ofen mit Blumenschmuck. Im ganzen Stadtgebiet wurden die Plakate öffentlich aufgehängt. Kleinere Plakate wurden in Geschäften verteilt und an Private verschickt. Die Museumsleitung versendete ferner persönliche Einladungen an ihr Stammpublikum sowie an die von der PGW genannten Personen. Zudem wurde in der Fotozeitschrift des SAPV, der heutigen PhotoSuisse, auf das grosse Jahrhundertfest aufmerksam gemacht.
Während der einmonatigen Ausstellung wurden neben den Bildern auch noch vier Tonbildschauen in einem separaten Saal im Dachgeschoss gezeigt. Vier Mitglieder der PGW präsentierten während je einer Woche ihre Schau, so zeigte beispielsweise Carl Mani Bilder zu Rajastan (Indien). Die Tonbildschauen mit mehreren Diaprojektoren und Überblendgerät genossen schon vor einem Vierteljahrhundert grosses Interesse.
Bilder in den Nachthimmel projizieren – Eine grossartige Idee, die leider aus Kostengründen nicht realisiert wurde
Zu dieser Zeit arbeiteten wir noch in loser Verbindung mit der PROFOTO (Vereinigung der Winterthurer Fotoclubs) zusammen. In diversen Besprechungen mit einigen Mitgliedern dieser Vereinigung entstand die Idee, einen Projektor in Betrieb zu setzen, der sich im Lager des Technorama befand. Dieser Riesenprojektor sollte in der Lage sein, Bilder und Schriften in den nächtlichen Himmel zu projizieren. Kollege John Wilhelm nahm sich dieser Sache an und diskutierte ernsthaft mit der Leitung des Technorama. Diese Maschine hätten wir erhalten, wenn nicht die Kosten gewesen wären. Eine Instandstellung wäre nötig geworden, und selbstverständlich auch die Anfertigung der sehr grossen Dias mit Beschriftung, wie bei einem Diaprojektor. Die geschätzten Kosten von ca. 4’000 Franken, welche die PGW oder ein Sponsor aufbringen sollte, waren dann leider zu hoch.
Die Anfangszeiten der Fotografie
Um den Besuchern der Ausstellung mehr als nur Bilder zu bieten, wollte die PGW dem Publikum auch einen Eindruck aus der Anfangszeit der Fotografie vermitteln. Es wurden verschiedene Ideen umgesetzt. Carl Mani konnte ein ehemaliges Mitglied der PGW, Ueli Manz, begeistern, einige Teile seiner sehr kostbaren Fotoapparatesammlung zur Verfügung zu stellen. Nachdem die Sicherheitsfrage abgeklärt war, wurden diese Sehenswürdigkeiten in Glasvitrinen zur Schau gestellt.
Um das ehrwürdige Alter der PGW noch optisch zu untermalen, wurden an freien Stellen im Ausstellungsraum Modepuppen in der Kleidung der damaligen Zeit vor eine grosse alte Kamera aufgestellt. Damit sollte das Fotostudio der Jahrhundertwende dokumentiert werden.
Eine besonders attraktive Idee, die beim Publikum auf rege Resonanz stiess, war eine Camera Obscura im Grossformat. Eine junge Frau, die sich eingehend mit dem Thema der „Lochkamera“ befasste, brachte uns auf die Idee. Die Lochkamera war eine Technik der Vorgeschichte der heutigen Fotografie, die auf frühere Jahrhunderte zurückgeht und im Laufe der Zeit immer wieder verfeinert wurde. Die PGW wollte aber nicht einfach eine Lochkamera hinstellen, sondern es sollte etwas Spezielles sein. Eine Boxe in feinsäuberlicher Ausführung wurde erstellt, mit einer Eingangstüre und Platz für eine Person. Es handelte sich bei diesem „Foto-Gerät“ um einen dunklen Raum mit einem Loch in der Wand, das als bildliche Übertragung für menschliche Wahrnehmung und für die Herstellung von Bildern verwendet wurde. Die junge Frau präsentierte zur Veranschaulichung dieser Art von Fotoaufnahmen auch einige Bilder „aus der Schuhschachtel“.
Die Vernissage – kleines Schauspiel zur Gründungsversammlung
Für die Vernissage hatte sich die PGW noch etwas ganz Besonderes ausgedacht. Da Fritz Hobi mit dem Schauspieler und Direktor des Sommertheaters, Hans-Heinrich Rüegg, befreundet war, kam er auf die Idee, ihn für ein kleines Schauspiel zu gewinnen.
Nach dem Protokoll vom 13. Januar 1893 um 20.00 Uhr, sollte der Vorstand der PGW die damalige Gründung der Photographischen Gesellschaft Winterthur nachspielen. Die Vorstandmitglieder wurden in der Mode der damaligen Zeit eingekleidet, alles musste stimmen, von der Hose, über Hemd, Krawatte, Frack bis zum ehrwürdigen Zylinder. Am Vorabend wurde das kleine Schauspiel unter der kundigen Leitung von Hans-Heinrich Rüegg kurz eingeübt.
Auf die Stunde genau 100 Jahre nach der Gründung der PGW begann das Schauspiel, so wie es sich abgespielt haben könnte. Die Vorstandsmitglieder und einige Beisitzer haben an einem antiken Tisch Platz genommen. Die Eröffnung der Sitzung, mit begleitenden Worten, sprach Hans-Heinrich Rüegg. Jedes Vorstandsmitglied der PGW spielte einen der damaligen fünf Gründer. Sie hatten sich kurz zu erheben, um mit ein paar Worten oder Sätzen die Wahl zu bestätigen.
Auf der rechten Seite der Gründungsversammlung war eine alte Kamera positioniert, zusammen mit einem Magnesium-Blitzgerät. Zum Abschluss dieser denkwürdigen Versammlung wurde dieser Blitz gezündet, er erhellte den Raum fast zum Schrecken der Anwesenden.
Die Eröffnungsansprache hielt der damalige Stadtpräsident Dr. Martin Haas, und im Anschluss danach begrüsste der Präsident der PGW, Arthur Wegmann, die zahlreich erschienenen Gäste. Für die musikalische Unterhaltung sorgten ein paar junge Musiker aus Winterthur mit klassische Klängen.
Grosserfolg – grosszügige Spende für die PGW
Insgesamt strömten über 5’000 Besucher in die Ausstellung. Ein grossartiger Erfolg für einen Fotoclub. Der ehemalige Stadtpräsident Urs Widmer war so begeistert von der Ausstellung, dass er dem PGW-Präsidenten Arthur Wegmann einen grösseren Betrag aus der Casinelli-Stiftung, Zürich, in Aussicht stellte, um eine sinnvolle Anschaffung für die PGW zu ermöglichen. Weil zu jener Zeit Tonbildschauen „en vogue“ waren, beschloss der Vorstand der PGW, eine komplette Projektionsausrüstung zu kaufen.
Carl Mani